Landschaft und Porträts.
Malereien des Hamburger Künstlers Jochen Hein in der Kulturkirche St. Johannis in Hamburg-Altona, Max-Brauer-Allee (Ecke Holstenstraße).
Vernissage am Dienstag, den 31. März um 19.00 Uhr. Der Künstler ist anwesend, einführende Worte spricht Pastor Niels Kiesbye.
Samstag 4. April, 16.00 – 19.00; Samstag 11. April, 12.30 – 16.00;
Sonntag 5. und 12. April, 12.30 – 18.00, Ostermontag 12.30 – 18.00
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Mit seinem monumentalen opus magnum, dem 2003 entstandenen Triptychon Nordsee, knüpft Jochen Hein an frühere Arbeiten an, in deren Mittelpunkt die intensive Auseinandersetzung mit dem Wesen eines dezidiert unmodischen und missachteten Sujets stand – der Landschaft.
Während Hein mit seinen paysages durchaus immer wieder Bezug nimmt auf den historischen Kontext der Romantik – die Landschaft als Spiegel der Seele -, haben die großformatigen Porträts, die Hein seit 2004 geschaffen hat, die zwischenmenschliche Kommunikation als Ausweg und Erlösung aus der conditio humana zum Gegenstand. Sein heißt bezogen sein:
„Wir werden allein geboren und wir sterben allein. Doch Mensch sind wir nur in Beziehung zu anderen Menschen.“
Heins Menschenbildnisse stehen mit der an zentraler Stelle im Altarraum gehängten Nordsee in einem spannungsvollen Austausch, in einer intensiven räumlichen und ontologischen Wechselwirkung mit der überzeitlichen, überindividuellen Größe und Gewalt des Meeres, der Natur, der Schöpfung – das Ich lauscht dem Flüstern der Wellen und geht auf in einer transpersonalen Ekstase des ewigen Annehmens:
„Dieses Annehmen wäre die tröstliche Komponente meiner Arbeit, die ich mir wünsche.“
Hier berührt die spirituelle Dimension dieser Malerei den Betrachter im Kern seines Menschseins – dem Wissen um seine eigene Vergänglichkeit:
„Der Wunsch des Menschen, mit etwas Größerem als sich selbst in Kontakt zu treten, ist der Anstoß für meine Bilder und fortwährender Motor für meine Arbeit.“
Es mag überraschen, doch Jochen Hein ist bekennender Atheist. Und doch scheinen viele seiner Arbeiten ein Echo des Erhabenen zu reflektieren, den Widerhall einer nachgerade metaphysischen Transzendenz. Sollten auch in Heins Werk religiöse Ambivalenzen wirksam sein? Oder ist es allein die chirurgische Exaktheit seiner altmeisterlichen Malerei, die den Betrachter überwältigt und gefangen nimmt? Ein Teil ihrer Wirkung rührt durchaus von jenen Kategorien her, die gemeinhin mit der Sphäre des Numinosen in Verbindung gebracht werden. Der eisige Hauch der Perfektion, den Heins Werke atmen – er wird erträglich erst durch die Schwingung des Ernstes, die alles durchdringt, was seinen Weg auf Jochen Heins Leinwände findet. Seine Virtuosität ist kein Selbstzweck:
„Ich möchte etwas Wahrhaftiges.“
(Manfred, Christian, Jochen, Pasquale und Gerhard treten in Beziehung zu einander…)
Die Körperlichkeit der sinnlichen Wahrnehmung, des menschlichen Seh-Erlebens, als einzige unmittelbar gegebene Quelle von Wirklichkeit an und ernst zu nehmen, der Primat des Phänomenalen vor jeder emotionalen Brechung – das ist für Hein eine existenzielle Notwendigkeit und der Ausgangspunkt für seine Malerei.
In seinen Porträts jedoch drosselt Hein durch die Strenge der Form die grenzverletzende Gewalt seiner sprachlos machenden Präzision und opulenten Detailversessenheit. Die intime Distanz der Porträtierten wird eindeutig unterschritten. Hein gelingt es jedoch, den unbehaglichen Eindruck von fast unerträglicher Nähe in den Bereich des gleichnishaft Überpersönlichen zu übersetzen – durch die Zurücknahme seiner Mittel:
„Ich möchte, daß die Menschen imstande sind, das anzunehmen. Es geht um Würde.“
Von den Porträtierten sehen wir buchstäblich nicht mehr als Kopf und Hände.
(www://artdoxa.com/users/Jochen_Hein/artwork_catalogs/17/artworks)
(www://artdoxa.com/users/Jochen_Hein/artwork_catalogs/23/artworks)
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Peter Bies ©